ID-Judoka aus NRW erfolgreich in Venray

Erstellt von Wolfgang Janko | |   Behindertensport

Europameisterschaften und Get-Together-Turnier

Bei den Europameisterschaften für Judoka mit geistigen Einschränkungen im niederländischen Venray gewann Patrick Barendonk aus Bocholt eine Bronzemedaille. Für diese Meisterschaften hatten sich 47 Judoka aus elf Nationen gemeldet.

Aus dem ID-Judo (intellectual disabled) machte die Europäische Judo-Union (EJU) nun II-Judo (intellectual impairment) und übernahm damit die Bezeichnung von VIRTUS, dem Weltsportverband für Geistigbehinderte.

Die geringe Meldezahl ist auch darauf zurückzuführen, dass die EJU die Ausschreibung der EM sehr kurzfristig veröffentlicht hat und damit vielen Sportlern zum Ende des Jahres die finanziellen Ressourcen fehlten. Unter den 47 gemeldeten Judoka waren auch acht aus Deutschland, aber mit Patrick Barendonk vom Budokan Bocholt leider nur einer aus NRW. Gekämpft wurde in zwei Wettkampfklassen, wie bei den bisherigen Welt-, Europa- und internationalen Deutschen Meisterschaften, allerdings jeweils nur in fünf Gewichtsklassen. Als Wettkampfmodus kam das IJF-System zum Einsatz, welches für Patrick in seiner Gewichtsklasse bis 66 kg zu einem erheblichen Nachteil führte, denn gleich in seinem ersten Kampf traf er auf den Welt- und Europameister und auch späteren Sieger Thomas Mawdsley aus Großbritannien. Dabei hatte Patrick einen guten Kampfbeginn und konnte einige technische Vorteile für sich verbuchen, musste aber letztendlich doch die Überlegenheit seines Konkurrenten anerkennen und sich mit Ippon vorzeitig geschlagen geben. Durch das neue System blieb Patrick nur noch die Möglichkeit, um Bronze zu kämpfen. Im kleinen Finale gegen den Ungar Alex Leimsider zeigte sich Patrick während des gesamten Kampfes überlegen und konnte diesen letztendlich vorzeitig mit einer Wurftechnik beenden und sich somit die Bronzemedaille sichern.

Während der Europameisterschaften konnte ein Gespräch mit Vertretern der EJU, der neuen Vizepräsidentin Kriistina Pekkola sowie Marina Draskovic und Allessandro Comi geführt werden. Darin sicherten die EJU-Vertreter zu, Kontakt mit VIRTUS aufzunehmen, um II-Judo den Weg zu den Paralympics zu ermöglichen. Eine Unterstützung von Seiten der EJU ist hier dringend erforderlich, denn auf dem Weg zu den Paralympics werden die ID-Judoka vermutlich keinerlei Unterstützung vom Deutschen Behindertensportverband erhalten. Die sehgeschädigten Judoka (Para-Judoka) befürchten, dass sie aus dem paralympischen Wettkampfprogramm gestrichen werden, wenn das ID-Judo aufgenommen werden sollte. Ein Nebeneinander beider Sportarten, was bei den Spielen großartig wäre, wird von dieser Seite leider ausgeschlossen. Das ist vielleicht auch zu verstehen, denn auf einen Judoka mit einer Sehbehinderung, kommen zehn oder vielleicht auch 20 Judoka mit einer geistigen Einschränkung. Daher stellen sich die Vertreter im DBS vermutlich gegen die Aufnahme von  ID- bzw. II-Judo zu den Paralympics. Schade, dass wir diesen Weg nicht gemeinsam gehen können.

2. "Get-Together-Turnier” der Euopäischen Judo-Union

Der niederländische Partnerverein unserer NRW-Judoka, das Sportinstitut Verhagen, veranstaltete in der Sporthalle „de Wetteling“ in Venray bereits zum zweiten Mal das Europäische "Get-Together-Turnier" der EJU. Insgesamt stellten sich rund 200 Judoka aus 20 Nationen, darunter auch eine Delegation aus Australien, dieser Herausforderung. Aus Nordrhein-Westfalen nahmen ca. 20 ID-Judoka an diesem Event teil.

Im Adaptive-Judo werden die Judoka mit geistiger Behinderung, Lernbehinderung, Autismus, Down-Syndrom, Körperbehinderungen und vielem mehr ... nicht nach Art der Behinderung getrennt. Vielmehr kämpfen alle Behindertenrichtungen zusammen. Differenziert werden die Sportler nur nach ihren motorischen Fähigkeiten in fünf verschiedenen Wettkampfklassen. Ein weiteres, großes  Problem besteht darin, dass es zurzeit überhaupt keine Ausschlusskriterien gibt. Im Prinzip kann jeder Judoka, der sich irgendwie behindert fühlt, am Adaptive-Judo teilnehmen. So ist immer wieder zu bewundern, dass ein englischer Judoka mit einem Bachelor-Abschluss an diesen Turnieren teilnimmt.

Somit kommt der Einteilung der Athleten in die fünf Wettkampfklassen, die am ersten Turniertag durchgeführt wurde, beim Adaptive-Judo eine besondere Bedeutung zu. Virtus-Judo-Direktorin Kerry Tansey aus Großbritannien leitete das Qualifikationstraining. Die anwesenden nationalen Trainer beobachteten und überprüften die zugeordneten Wettkampfklassen, um in dem einen oder anderen Fall die Einstufung zu korrigieren.

Am zweiten Tag folgten die Wettkämpfe in den fünf ermittelten Wettkampfklassen. Da aus Nordrhein-Westfalen ausschließlich ID-Judoka als Athleten mit einer geistigen Behinderung an den Start gingen, starteten die meisten Judoka eine Wettkampfklasse tiefer. In der stärksten Wettkampfklasse I ging als einziger Deutscher Patrick Barendonk vom Budokan Bocholt in der Klasse bis 66 kg an den Start. Patrick hatte einen super Tag und konnte die Klasse überraschend gewinnen und den ersten Platz belegen.

Einen weiteren Sieg für das NRW-Team gab es in der Wettkampfklasse III bis 73 kg. Hier konnte Ben Musaeus aus Hückeswagen seinen Vorjahressieg wiederholen und erneut die Goldmedaille gewinnen. Noch eine Goldmedaille gewann Marvin Offermann von Eintracht Mülheim in der WK IV bis 73 kg.

Für Eintracht Mülheim, die mit vielen ID-Judoka antraten, gab es weitere hervorragende Platzierungen: Zweite Plätze für Platz für Solomon Schramm, Marina Kamphausen, Marc Behrendt, Daniil Shimon, Philipp Loh; dritte Plätze für Lisa Heise, Tom-Lukas Kneisel, Caspar Schlicht, Christine Leibnitz, Sven Tschinkel und Isabel Agbaglo. Lars Filipiak und Noel Becker belegten jeweils den vierten Platz.

Ein großes Kompliment an die Gastgeber vom Sportinstitut Verhagen, die es schafften, dieses Riesenturnier auf sechs Wettkampfmatten nahezu fehlerlos in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen durchzuführen. Landestrainer Frank Schuhknecht konnte sich beim letzten Judo-Turnier des Jahres über schöne Erfolge seiner Schützlinge freuen, besonders auch über die sehr guten Platzierungen der jungen Nachwuchs-Judoka.

Am Abend gab es zum Abschluss des Turniers im Veranstaltungshotel Astoria in Venray einen anschließenden Festabend mit einem großen Buffet für die vielen internationalen Gäste, die am nächsten Morgen ihre Heimreise antraten.

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